Machen luftreiniger gegen Corona sinn?
Die Innenraumhygiene steht für Fachleute des BSS immer schon im Fokus. Mit Corona und den steigenden Infektionszahlen seit Herbst 2020 werden geeignete Maßnahmen zur Reduzierung der Virenbelastung in der Raumluft gesucht. Die Fachleute des BSS geben eine Beurteilung zum Einsatz von Raumluftfiltern. Keine der staatlich vorgeschriebenen oder von Experten empfohlenen Maßnahmen bedeuten einen 100 % Infektionsschutz. Aber alle Maßnahmen, von der einfachen Stoffmaske bis zur professionellen FFP-3-Maske, ob Abstandsregel oder Handhygiene, reduzieren in unterschiedlichem Maße das Risiko einer Infektion.
Nach aktuellem Kenntnisstand erfolgen die meisten Übertragungen über den Luftweg von Mensch zu Mensch. Jeder, der das Virus in sich trägt, kann beim Ausatmen mit Viren belastete Aerosole, bzw. feinste Speicheltröpfchen, freisetzen. Diese sehr kleinen Tröpfchen schweben unterschiedlich lange in der Luft. Beim Ausstoßen größerer Mengen an Atemluft, wie beim Husten, Niesen, aber auch beim Singen und lautem Sprechen, ist die Menge an Aerosolen und evtl. auch an Viren in der Regel größer als beim entspannten Atmen. Außerdem werden die Aerosole beim kräftigen Ausatmen mit dem stärkeren Luftschwall weiter in die Umgebung abgestoßen als beim normalen Ausatmen.
Keine Maßnahme schützt zu 100 Prozent
Aus dem Arbeitsschutz weiss man, dass auch FFP-2 und FFP-3 Masken nicht zu 100 % die eingeatmeten Partikel reduzieren. Denn auch bei optimalem Tragen haben diese Masken Leckagen, über die die Luft ungefiltert eingeatmet wird. Aber dies ist kein Grund Masken abzulehnen. FFP-Masken reduzieren gegenüber den einfachen Masken das Risiko nochmals erheblich. Die Abstandsregel von 1,5 m bietet keinen echten Schutz, wenn man sich in geschlossenen Räumen ohne Masken aufhält. Ausgeatmete Aerosole schweben lange in der Luft und werden auch über zwei oder mehr Meter Abstand übertragen. Bei den Abstandsregeln müsste man eigentlich unterscheiden, ob man sich mit oder ohne Masken in einem Raum oder im Freien aufhält. Für jede Situation eine andere Abstandsregel vorzugeben, wäre allerdings kompliziert. Auch wenn die Abstandsregel nicht jeder Situation gerecht wird, ist sie dennoch sinnvoll, denn sie kann von jedem eingehalten werden und bedeutet eine weitere, wenn oft auch nur geringe Minimierung des Risikos.
Virenlast und ihr Verhalten in der Raumluft
Ein Hauptgrund für die Zunahme von Infektionen seit dem Herbst ist unstrittig. Es ist der zunehmende Aufenthalt in Räumen und insbesondere in schlecht gelüfteten Räumen. Der Kontakt mit Viren alleine bestimmt nicht das Infektionsrisiko. Wie Prof. Dr. Hendrik Streeck, Virologe an der Universitätsklinik Bonn vor Wochen mitteilte, spielt die Virenlast eine bedeutende Rolle. Atmet man also eine hohe Menge an Viren ein, ist da Risiko zu erkranken oder schwer zu erkranken größer als bei einer geringen Menge an Viren.
Im Raum herrscht oft ein dauerhafter Schwebezustand
Im Außenbereich verteilen sich die mit der Atemluft abgegebenen Viren und die Konzentration an belasteten Aerosolen wird sofort erheblich reduziert. Durch die fast immer vorherrschende Luftbewegung der Außenluft, wird die Konzentration zusätzlich verdünnt. In geschlossenen Räumen dagegen schweben die Aerosole im Raum. Durch die vorherrschende Luftbewegung im Raum, werden die Aerosole gleichmäßig verteilt, aber nicht aus dem Raum entfernt. Gibt eine Person ständig Viren in einem Raum an die Umgebung ab, nimmt die Konzentration kontinuierlich zu. Zwar werden einige Aerosol-Tröpfchen an Oberflächen haften bleiben, aber die weitaus größte Menge schwebt über sehr lange Zeit im Raum. Bei einer ständigen Luftbewegung im Raum, z. B. durch die Thermik bei laufender Heizung, werden die Aerosole nahezu dauerhaft im Schwebezustand gehalten. Selbst Partikel, die erheblich größer sind als Viren, wie beispielsweise viele Pilzsporen, sinken erst dann zu Boden, wenn die Luft ruht.
Welche Luftreinigungsgeräte machen Sinn?
Um die Anreicherung von Viren in einem Raum nennenswert zu reduzieren, muss man Lüften. Beim Lüften wird belastete Raumluft gegen unbelastete Außenluft ausgetauscht und die Konzentration der Aerosole erheblich reduziert. Deshalb wurde vom Umweltbundesamt empfohlen, Fenster und Türen soweit möglich offen zu halten. Diese Empfehlung war im Sommer meist problemlos umsetzbar. Bei sehr geringen Außentemperaturen ist eine Dauerlüftung nicht mehr zumutbar. Wer kann und will im Büro, in der Schule oder der Kita bei kalter Außenluft am offenen Fenster arbeiten, sitzen oder spielen? Eine andere effektive Maßnahme zur Reduzierung der Belastung in der kalten Jahreszeit, und somit zur Reduzierung des Infektionsrisikos, ist der Betrieb geeigneter Luftreinigungsgeräte. Dies wurde inzwischen erkannt und propagiert. Allerdings braucht man, um das Risiko wirklich erheblich zu reduzieren, die richtigen Geräte mit der richtigen Leistung und dem richtigen Filter-Wirkungsgrad. Aber welche Geräte sind wirkungsvoll? Nicht jeder Luftreiniger, der mit den richtigen Filtern ausgestattet ist, reinigt die Luft in gleichem Maße. Beschafft man sich ein preiswertes Gerät, hat man meist einen nur geringen Effekt. Oft nimmt die Filterwirkung rasch ab, vor allem bei Geräten, die die Luft nur über eine einzige Filterstufe reinigen.
Vorfilter verlängern die Standzeit
Bewährte und positiv getestete Geräte haben zwei Filterstufen, bestehend aus einem Vorfilter und einem HEPA-Filter. Die angesaugte Luft wird zuerst mit einem Vorfilter gereinigt. Hierbei werden gröbere Partikel, aber auch ein Teil der feinen Partikel, aus der Luft entfernt. Dies führt dazu, dass die HEPA-Filter „geschont“ werden und nur das tun müssen, wofür sie eingebaut wurden, nämlich die feinen und sehr feinen Partikel aus der Luft zu entfernen. Der Vorfilter verlängert die Standzeit der HEPA-Filter und sichert außerdem eine gleichbleibende Wirkung auch nach längerem Betrieb. Ein HEPA-Filter kostet deutlich mehr als ein Vorfilter. Somit helfen Vorfilter, Geld zu sparen.
Um einen hohen Wirkungsgrad von 99,5 % und mehr sicherzustellen, sind HEPA Filter der Klasse H 13 erforderlich. Filter geringerer Filterleistung sind deutlich weniger wirksam und Filter mit höherer Filterleistung nicht nötig, um Viren effektiv zu filtern, kosten allerdings mehr. Nicht selten werden Luftreinigungsgeräte mit HEPA Filter der Klasse H 13 angeboten, die diese Herstellerzusage aber nur bedingt einhalten. Derartige Geräte haben zwar die versprochene Leistung, aber nur für die erste Zeit der Nutzung. Prüft man die Geräte nach einigen Tagen oder Wochen Betriebszeit, entspricht die Filterwirkung nicht mehr den Angaben des Herstellers. Außerdem wird die zugesagte Filterleistung oft nur bei einer niedrigen Leistungsstufe gemessen und erreicht. Stellt man eine höhere Leistungsstufe ein, läßt die Filterwirkung nach. Deshalb ist vor Kauf eines Gerätes zu hinterfragen, welche Filterleistung bei höheren Leistungsstufen sichergestellt ist.
Filter und Volumenleistung – eine Faustregel
Abstand nehmen sollte man laut Umweltbundesamt von Geräten mit Ionisatoren, elektrostatischen Filtern, Ozongeneratoren oder UV-Strahlung. Es wird mit diesen Filtermethoden zwar hohe Wirksamkeit suggeriert, aber dies trifft bei Viren nicht zu. Nur mechanische Filter mit der gebotenen Filterleistung können dauerhaft effektiv die feinsten Partikel, wie Bakterien und Viren mit bis zu 99,5 % Wirkungsgrad und mehr aus der Luft filtern. Hat man ein Gerät mit wirksamen Filtern, stellt sich die Frage, über welche Volumenleistung das Gerät verfügen soll. Diese erforderliche Volumenleistung ist abhängig von der Raumgröße. Als Faustregel sollte man einen 3-fachen Luftdurchsatz erzeugen, d. h. die Luft sollte in der Stunde dreimal durch den Luftreiniger gezogen werden. Bei einem Raum von 20 m² und 2,5 m Deckenhöhe wären dies 150 m³/h. Um aber auch die gesamte Luft in einem Raum gleichmäßig zu reinigen, muss man die Luft im gesamten Raum erfassen. Bei großen Räumen gelingt dies bei Einsatz eines Gerätes nur bedingt, selbst wenn das Gerät über eine hohe Leistung verfügt. Statt ein teures Gerät mit hoher Durchsatzleistung an einer Stelle aufzustellen, empfiehlt sich, je nach Raumgröße, die Verwendung von zwei oder mehr Geräten der mittleren Leistungsklasse. Auch bei sehr großen Räumen hat sich der Betrieb mehrerer Geräte mit mittlerer Leistung bewährt. Die Installation eines großdimensionierten Luftreinigungsgerätes mag ein hohes Sicherheitsgefühl vermitteln, erfasst die Raumluft jedoch nicht so effektiv und gleichmäßig, wie mehrere Geräte der mittleren Leistungsstufe.
Luftreiniger sollten nicht auf die Nerven gehen
Ein weiteres Auswahlkriterium für die geeigneten Luftreinigungsgeräte ist die Geräuschentwicklung. Kleinere Geräte sind meist so dimensioniert, dass man für einen wirksamen Effekt die höchste Leistungsstufe einschalten muss. Die Geräuschentwicklung kann dann so hoch sein, dass ein konzentriertes Arbeiten im Büro, ein ruhiger Schlaf im Schlafzimmer, das ungestörte Fernsehschauen im Wohnzimmer oder eine unbelastete Unterrichtsstunde in der Schule kaum möglich sind. Das Gerät wird dann als sehr störend empfunden. Geräte mit einer höheren Leistung bringen den gewünschten Effekt bereits bei Betrieb in unteren Leistungsstufen und entwickeln dann nur sehr geringe Geräusche.
Ein Blick auf Preis und Leistung
Der Kaufpreis ist nur eine Seite der Medaille. Wenn man ein preiswertes Gerät kauft, ist es häufig so, dass in kurzen Abständen für viel Geld Filter getauscht werden müssen und man in wenigen Monaten den Neupreis zwei oder dreimal bezahlt hat. Hochqualitative Geräte dagegen verfügen über hohe Filterstandzeiten. Bei der richtigen Gerätewahl sind die preiswerten Vorfilter oft erst nach einem Jahr und die teuren HEPA-Filter erst nach 2 bis 3 Jahren zu tauschen.
Hochwertige Luftreinigungsgeräte für normale private oder gewerbliche Räume, aber auch für Klassenräume kosten meist zwischen 800 und 1.200 €. Bei Geräten der unteren Preisklasse kann ein häufiger Filtertausch erforderlich sein und nach kurzer Zeit ist das beim Kauf gesparte Geld mehr als aufgebraucht. Man sollte bei preiswerten Geräten immer kritisch prüfen, ob die Filterstufe HEPA Filter der Klasse H 13 bei allen Leistungsstufen gewährleistet ist und das Gerät sollte über zwei Filterstufen verfügen.
Fazit des BSS zum Thema effektive Raumluftfilter
- Mechanische Filter statt Geräte mit Ionisatoren, Ozongeneratoren, elektrostatischen Filtern oder UV-Strahlung
- Faustregel: Volumenstrom je Stunde : Raumfläche x Raumhöhe x 3. In einer Stunde sollte die Raumluft dreimal durch den Filter gezogen werden.
- Bei großen Räumen empfiehlt sich das Aufstellen mehrerer Geräte mittlerer Leistungsstufe.
- Auf die Geräuschentwicklung achten.
- Gesamtes Preis-Leistungs-Verhältnis beachten mit Blick auf Folgekosten für häufigen Filtertausch.