BSS – Bundesverband Schimmelpilzsanierung e.V.

Interview Stefan Betz

Interview Stefan Betz

Schimmelflecke durch sparsames Heizen: So wird man sie los

Wer wegen der hohen Energiekosten weniger heizt und außerdem weniger lüftet, riskiert Schimmel in den Wohnräumen. Der ist eine Gesundheitsgefahr – und muss schnell richtig entfernt werden.

Düsseldorf (dpa/tmn) – Sie sind oft die sichtbare Folge des Versuchs, Energie zu sparen: Schimmelflecken in der Wohnung. Denn wer wenig heizt und seltener lüftet, schafft dank hoher Luftfeuchtigkeit in den Wohnräumen ein Wohlfühlklima für die Schimmelpilze.

Das Risiko für die Gesundheit ist jedoch nicht so offensichtlich. Denn hinter ein paar kleinen Flecken auf Tapeten, an Fugen und Mauerwerk kann schon längst mehr stecken. Das können Sie tun: 

Wie entferne ich kleinere Schimmelflecken?

Die Oberfläche säubern. Auf glatten Flächen wie Glas, Metall, Lack, Keramik und Kunststoffen reicht dafür meist schon ein Tuch mit etwas Haushaltsreiniger, so die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Das Tuch danach aber wegwerfen.

«Man kann auch mit einem Desinfektionsmittel auf Alkoholbasis, also mit hochprozentigem Alkohol von 70, 80 Prozent, die Oberfläche abreiben», sagt Stefan Betz, Erster Vorsitzender des Bundesverbands Schimmelpilzsanierung. Fugen und Tapeten sollten abgelöst und erneuert werden. Die Verbraucherzentrale empfiehlt, die Wand nach dem Ablösen ebenfalls mit hochprozentigem Alkohol abzuwischen.

Dabei sollte man sich vor den Sporen schützen, also Handschuhe tragen und eine Atemschutzmaske, wie man sie aus dem Pandemie-Alltag kennt. Bei Flecken weiter oben ist auch eine Schutzbrille sinnvoll, die verhindert, dass schädliche Partikel in die Augen geraten.

Um das Gesundheitsrisiko gering zu halten, rät Stefan Betz auch: «Wenn man eine Tapete entfernt, sollte man diese vorher immer befeuchten oder eben erst mal mit einer Alkohollösung abtupfen. Dann wird beim Entfernen nicht viel Schimmel freigesetzt.» Wichtig: Im Anschluss den Raum gut lüften.

Wann muss eine professionelle Schimmelbeseitigung her?

Gemeinhin wird geraten, nur Stellen selbst anzugehen, die maximal einen halben Quadratmeter groß sind. Das muss kein zusammenhängender Fleck sein, sagt Stefan Betz. Auch wenn mehrere kleine Schimmelstellen in einem Bereich von insgesamt einem halben Quadratmeter liegen, sollte man Fachleute hinzuziehen.

Gleiches gilt für einen optisch sehr auffallenden Befall, etwa wenn sich Flaum auf den Flecken gebildet hat. Und auch wenn man unsicher ist, welche Ursache der Schimmel haben kann, so der Sachverständige für Schimmelpilze in Innenräumen, denn: «Ein Befall muss nicht zwangsläufig auf einen Lüftungsfehler oder eine zu niedrige Raumtemperatur zurückzuführen sein. Er kann ja auch entstehen, weil es etwa irgendwo einen verdeckten Wasserschaden gibt»,

Wo bilden sich am ehesten Schimmelflecken, die auf falsches Lüften und Heizen zurückgehen?

«In der Regel sind dann die kalten Außenbauteile betroffen: Die Außenwände sowie die Ecken, wo zwei Außenwände zueinanderkommen, oder der Bereich um die Fenster, wenn diese schlecht isoliert sind oder dort Undichtigkeiten bestehen», zählt Stefan Betz auf.

«Zeigt sich dagegen der Schimmelbefall an einer Innenwand, dann ist es eher wahrscheinlich, dass es dafür andere Ursachen gibt», so der Experte. Etwa undichte Rohrleitungen in den Wänden. Wenn Schimmelbefall an Innenwänden auf das Lüften und Heizen zurückgeht, liegt das etwa an Wärmebrücken oder daran, dass der Raum gar nicht beheizt wird.

Warum ist Schimmel gefährlich, vor allem für die Gesundheit? 

Schimmelpilze können allergische Reaktionen hervorrufen und Erkrankungen, vor allem die der Atemwege, verstärken. Laut Verbraucherzentrale NRW sollten besonders gesundheitlich vorbelastete und immungeschwächte Menschen Räume mit Schimmel meiden.

Außerdem schädigt Schimmel die Bausubstanz eines Gebäudes. Im schlimmsten Fall kann das dazu führen, dass Pilze tragende Holzbalken oder den Dachstuhl eines Hauses zerstören – und das Gebäude unbewohnbar wird.

Ich habe die Flecken entfernt. Warum kommen sie immer wieder?

Das oberflächliche Entfernen reicht nicht in allen Fällen. Wiederkehrende Schimmelflecken deuten darauf hin, dass der Befall schon in tiefere Schichten eingedrungen war und dort weiterhin sitzt. «Wenn ich mein Verhalten nicht anpasse, dann verhält sich der Schimmel wie Unkraut im Garten», sagt Stefan Betz. «Wenn ich den Löwenzahn nur oberflächlich entferne, können seinen Wurzeln wieder austreiben.»

Das kann etwa auch der Fall sein, wenn die Tapete oberflächlich nur ein paar schwarze Pünktchen zeigt. Aber hat sie sich vom Untergrund gelöst, ist das laut Stefan Betz ein Zeichen dafür, dass Feuchtigkeit auch schon die Kleisterreste aufgelöst hat, und somit für weiteren Handlungsbedarf.

Findet man hinter einer Tapete sogar schlimmeren Befall als an ihrer Vorderseite, «dann ist da auch mehr in der Tiefe vorhanden», so der Experte. «Dann muss man nicht nur die Tapete entfernen, vielleicht sogar Teil des Putzes.»

Erledigt sich mit dem beginnenden Frühling das Problem?

Ja, vorerst. «Sobald die Feuchtigkeit nicht mehr einwirkt, kann der Schimmel nicht weiter wachsen», erklärt der Schimmel-Sachverständige Stefan Betz. Das gilt auch für einen Befall in tieferen Schichten. «Also wird sich das Problem natürlich mit zunehmender Temperatur im Laufe des Jahres verringern oder ganz aufheben. Aber das, was bis dahin entstanden ist, ist nicht weg, sondern das schlummert und wartet darauf, bis irgendwann wieder Feuchtigkeit einwirkt. Ähnlich wie mit einem Samenkorn.»

Das heißt also: Wenn man nicht konsequent handelt, kommt das Problem im nächsten Winter nicht nur wieder. Ein noch bestehender Schimmelbefall wird dann sogar größer.

– [Bundesverband Schimmelpilzsanierung: Zehn Tipps zum Vermeiden von Schimmel] (https://bss-schimmelpilz.de/energiekrise-heizen-und-lueften-niedrige-raumtemperatur/)

Von Simone Andrea Mayer, dpa

Redaktionelle Hinweise

– Beachten Sie zum Thema auch das heutige Stück «Verband rechnet mit mehr Schimmelbefall in Wohnungen» im dpa-Basisdienst.

(Statements von Stefan Betz, 1. Vorsitzender BSS eV.)

Wie hoch schätzen Sie die Schimmelgefahr aufgrund ungenügenden Heizens und Lüftens (als Folge von Energeisparmaßnahmen) ein?
 
Die Gefahr der Schimmelbildung in Folge eines unangepassten Heiz- und Lüftungsverhaltens ist durchaus als hoch einzustufen. Insbesondere wenn man die Temperaturen herunterdreht, dabei aber die bauliche Situation und das Nutzerverhalten nicht der Situation entsprechend anpasst. Der entscheidende Faktor für Schimmelwachstum ist immer die Feuchtigkeit. Steigt die relative Feuchtigkeit in kritischen Bereichen (z.B. an kühlen Außenwänden) über 80 % und dieser Umstand wiederholt sich ständig oder herrscht über längere Zeit vor wächst in jedem Fall Schimmel. Aussagekräftige Zahlen werden erst zeitversetzt vorliegen. Wir rechnen damit, dass durch Energiesparmaßnahmen in der Rückbetrachtung zum Ende des Winter 2022/2023 ein Anstieg von Schimmelschäden zu verzeichnen ist.
 
Gibt es Schätzungen über das Ausmaß und welche Gebäude nach dieser Wintersaison am stärksten betroffen sein werden? 
 
Schimmelschäden werden vermehrt in älteren Bestandsgebäuden auftreten und hier vor allem in den schlecht wärmegedämmten Mehrfamilienhäusern der 1960er und 70er Jahre. Grundsätzlich sind in allen Gebäuden Räume wie Küchen, Badezimmer und Schlafzimmer eher gefährdet, da hier viel Feuchtigkeit entsteht, z.B. durch Kochen, Duschen und Schlafen. Wenn hier weniger geheizt wird als in den Vorjahren, um Energiekosten zu sparen, aber das Lüftungsverhalten nicht angepasst wird, kann es zu einem Eintrag erhöhter Feuchtigkeit an Wänden, Zimmerecken aber auch Möbeln und Stoffen kommen und in der Folge zu Schimmel. Verwertbare Zahlen, die in eine Statistik einfließen, wird es frühestens in einem halben bis einem Jahr geben. Entdeckt ein Mieter einen Schimmelschaden, so wird er sich mit hoher Wahrscheinlichkeit zuerst an seinen Vermieter wenden. Oft kommt es in dieser Phase zu Streitereien über die Ursache. Der Mieter sieht die Ursache in der alten Bausubstanz, der Vermieter vermutet ein Fehlverhalten des Mieters. Bis ein Schaden bei einer Sanierungsfirma oder einem Rechtsanwalt ankommt vergehen oft Wochen und Monate.