BSS – Bundesverband Schimmelpilzsanierung e.V.

Energiekrise – Heizen und Lüften bei niedrigen Raumtemperaturen

10 Tipps zum Heizen und Lüften

Wie kalt darf es in Innenräumen werden ohne zu schimmeln?
Meist werden von Fachleuten Mindesttemperaturen empfohlen und konkrete Angaben zu Lüftungszeiten und den Lüftungsintervallen gemacht. Die Experten des BSS gehen einen anderen Weg und überlassen den Betroffenen die Entscheidung, ob und wie stark Räume zu heizen sind. Reduziert man die Raumtemperaturen erheblich, muss man sein Verhalten anpassen, damit ein Schimmelbefall vermieden wird. In diesem Merkblatt werden Ihnen Tipps und Faustregeln an die Hand gegeben, um die bei der Nutzung freigesetzte Feuchtemenge zu reduzieren und die Räume situationsabhängig zu lüften. Durch einfache Messungen lässt sich der erforderliche Aufwand zum Heizen und Lüften schnell und effektiv kontrollieren.

1. Grundsätzliches zum schimmel

Schimmel wächst nahezu auf allen Materialien. Schimmelpilze benötigen für ihr Wachstum Feuchtigkeit (eine relative Feuchtigkeit von 80 % ist bereits ausreichend) und Nährstoffe, z.B. in Form von Staub, Zellulose oder sonstigen Ablagerungen. Schimmelpilze wachsen nicht nur sichtbar, sondern auch versteckt z.B. hinter Tapeten. Bei porösen Materialien (z.B. Putz, Holzwerkstoffe) kann ein Schimmelwachstum auch im Material stattfinden. Schimmel ist eine Bezeichnung für das Wachstum von Schimmelpilzen, Hefen und/oder Bakterien. Häufig wird ein Schimmelwachstum von Bakterien begleitet.

2. Erhöhte relative Feuchtigkeit

Der ausschlaggebende Faktor für die Entwicklung von Schimmel ist immer eine ausreichend hohe relative Feuchtigkeit. Je länger die Feuchtigkeit auf die Oberflächen oder in die Materialien einwirkt, desto höher ist das Risiko eines Befalls. Zu jeder Lufttemperatur gibt es einen maximalen Wasserdampf- bzw. Feuchtegehalt, der von der Luft aufgenommen werden kann. Warme Luft ist in der Lage mehr Feuchtigkeit aufnehmen zu können als kalte Luft. Die jeweils aktuelle Wasserdampfmenge in der Luft kann als absolute Feuchte (in g/m³ Luft) oder als relative Feuchte (in %) dargestellt werden. Bei der relativen Feuchte wird der Prozentanteil des maximalen Feuchtegehalts wiedergegeben. Wenn Luft an einer kalten Oberfläche abkühlt, bleibt bis zum Kondensationspunkt die absolute Feuchtigkeit gleich, aber durch die Abnahme des möglichen maximalen Wassergehaltes kommt es zu einer Erhöhung der relativen Feuchtigkeit. Die Luft wird dadurch relativ feuchter und ggf. wird eine kritische Feuchte überschritten, die ein Schimmelwachstum ermöglicht.

3. Schimmelwachstum vermeiden

Schimmel wächst in Innenräumen bei jeder Temperatur. Entscheidend für das Schimmelwachstum ist immer die Feuchtigkeit. Bleibt die relative Feuchtigkeit auch in kritischen Bereichen (z.B. in kühleren Außenecken) unterhalb von 80 % wächst in den meisten Fällen kein Schimmel. Es sollte darauf geachtet werden, dass die relative Raumluftfeuchtigkeit bei Außentemperaturen unter 10°C die ganze Zeit deutlich unter 50 % liegt. Im Alltag entsteht Feuchtigkeit bei der Nutzung der Wohnung durch Kochen, Duschen, Trocknen der Wäsche, Zimmerpflanzen, Aquarien, bei der Atmung oder durch Schwitzen nach sportlicher Aktivität. Zur Vermeidung von Schimmelbefall ist es erforderlich, die Wohnräume ausreichend zu beheizen und zu lüften. Durch die in der aktuellen Energiepreiskrise verordnete Reduzierung der Heizung zur Energieeinsparung ist besonders auf eine ausreichende Lüftung zu achten.

4. Reduzierung der Feuchtigkeitsfreisetzung

In den verschiedenen Räumen einer Wohnung wird mehr oder weniger geheizt und unterschiedliche Mengen an Feuchtigkeit freigesetzt. Ein 4-Personen-Haushalt setzt durch Duschen, Schlafen, Kochen rund einen Eimer Wasser pro Tag frei. Ein einfacher Merksatz lautet: Kurze Wege wählen und die Feuchtigkeit dort entsorgen, wo sie entsteht. Nachfolgend werden Möglichkeiten aufgezeigt, die zur Reduzierung der Luftfeuchtigkeit und somit zur Vermeidung von Schimmelbefall beitragen.

Badezimmer

– Türen zu benachbarten Räumen beim Baden / Duschen / Waschen verschlossen halten
– Feuchtigkeit nach dem Baden / Duschen / Waschen auf den Oberflächen entfernen (Wasser von Fugen und Fliesen abziehen oder wegwischen)
– Die freigesetzte hohe Luftfeuchte auf kurzem Weg nach Außen lüften (Stoßlüftung)
– Wenn kein Fenster vorhanden ist: Technische Lüftung (Ventilator) auf Funktion prüfen und regelmäßig Filter säubern / austauschen
– Keine tropfnassen Textilien im Raum belassen, Waschlappen und Handtücher auswringen
– Duschvorhänge abtrocknen, Textilvorhänge vermeiden
– Auf Topfpflanzen in Feuchträumen verzichten

Küche

– Beim Kochen und Backen Türen geschlossen halten
– Wenn Dampf entsteht:
– Deckel auf Pfannen und Töpfe legen
– Bei vorhandener Abzugshaube mit Abfuhr nach außen diese einschalten und Fenster in Kippstellung öffnen
– Wenn keine Abzugshaube oder nur eine Umlufthaube vorhanden ist ausreichend Stoßlüften und Kondensatbildung abwischen
– Vorhandene Spülmaschinen nach Betrieb nicht ankippen, sonst strömt warmer Wasserdampf aus der Maschine in den Raum und an kalte Bauteile
– Lüftungsgitter in Sockelblenden / Arbeitsplatte einbauen, kann die Luftzirkulation verbessern

Schlafzimmer

– Nach dem Aufstehen umgehend Lüften
– Bettwäsche aufschlagen, damit Feuchte ausdiffundieren kann, auch aus den Matratzen
– Heizkörper über Tag nicht vollständig abdrehen, vor dem Schlafengehen nicht kurzzeitig und schnell aufheizen
– Für eine Grundtemperatur sorgen (Raum nicht auskühlen lassen)
– Vor dem Schlafengehen nochmalige Lüftung
– Türen zu benachbarten Räumen in der kühleren Jahreszeit aufgrund der in der Regel kühleren Raumtemperatur geschlossen halten
– Voluminöse Möbel nicht vor Außenwände stellen, wenn unvermeidbar mit Abstand aufstellen und allseitig Luftzirkulation ermöglichen

Wohnräume

– Stoßlüftung vor dem Schlafengehen / nach dem Aufstehen durchführen
– Mehrere geöffnete Fenster verkürzen die Lüftungsdauer
– Kontinuierlich alle Fenster zur Feuchteabfuhr nutzen, ggf. im Wechsel, um überall Luftbewegung zu erzeugen
Topfpflanzen regelmäßig auf stehendes Wasser, verschimmelte Erde prüfen

Wäsche trocknen in der Wohnung

Beim Wäschetrocknen wird sehr viel Feuchtigkeit freigesetzt. Ein Wäscheständer mit feuchter Wäsche kann 8 Liter Wasser an die Raumluft abgeben. Daher sollte die Wäsche möglichst außerhalb der Wohnung getrocknet werden (Waschkeller, Balkon, Terrasse).
Wenn keine Möglichkeit besteht, die Wäsche außerhalb der Wohnung zu trocknen,
sollte der „Trocknungsraum“ zumindest leicht beheizbar sein, aber auch stark gelüftet werden. Übrigens wird beim Trocknen von Wäsche durch die Verdunstungsenergie der Raumluft auch Energie entzogen mit der Folge, dass die Raumtemperatur sinkt. Feuchte Raumluft benötigt bei der Erwärmung wiederum mehr Energie als trockenere Raumluft.

5. Freigesetzte feuchtigkeit sofort ins freie entsorgen

Zusammenfassend kann man sagen: Wenn Feuchtigkeit freigesetzt wird, sollte der betreffende Raum sofort gelüftet werden, um die Feuchtigkeit direkt ins Freie zu entsorgen. Wer nach der Freisetzung der Feuchtigkeit wertvolle Zeit verstreichen lässt und erst später lüftet, erreicht oft keinen ausreichenden Effekt. Wände, Möbel und Stoffe nehmen dann die Feuchtigkeit aus der Raumluft auf und geben sie später nur langsam an die Raumluft ab. Dies führt zu einer lang anhaltenden erhöhten Luftfeuchtigkeit. Wird regelmäßig nicht ausreichend intensiv gelüftet, kann es zum Schimmelbefall kommen. Auch ungenutzte Räume müssen gelüftet werden. In Wohnhäusern gibt es im Winter einen thermischen Effekt, der dazu führt, dass die Luft nach oben strömt. Wird mit dieser Luft erhöhte Feuchtigkeit transportiert, kann es in weniger beheizten Räumen (z.B. in oberen Etagen oder Schlafzimmern) zu einer Schimmelbildung durch den Eintrag erhöhter Feuchtigkeit kommen.

6. Kontrolle der Feuchtigkeit

Zur Vermeidung von Schimmelbefall sind die Raum- und Oberflächentemperaturen zu prüfen und es ist erforderlich die Luftfeuchtigkeit zu kontrollieren.  Allgemeine Lüftungsempfehlungen anzuwenden kann „gefährlich“ sein So gibt es allgemeine Empfehlungen wie, die Wohnung 2 x 5 Minuten pro Tag zu lüften. Lüftet man aufgrund eines falschen Ratschlags zu wenig, besteht Schimmelgefahr, lüftet man zu viel, vergeudet man unter Umständen Heizenergie.
Die erforderliche Lüftungsdauer ist von der Dauer des Austausches der Raumluft mit der Außenluft abhängig. Dieser Austausch wird wesentlich von der Temperaturdifferenz der Innen- und Außenluft und der Differenz der Luftfeuchtigkeit beeinflusst, sowie dem Winddruck.
Zur Kontrolle der Raumluftfeuchtigkeit empfiehlt es sich, elektronische Hygrometer in kritischen Bereichen aufzustellen. Die kritischen Stellen mit Risiko für Schimmelbefall sind die kältesten Stellen Dies sind häufig die Außenwände oder -ecken der Räume mit der geringsten Raumlufttemperatur (meist das Schlafzimmer) und der am stärksten mit Feuchtigkeit belasteten Räume (Bad, Küche, Raum, in dem Wäsche getrocknet wird). In diesen Bereichen sollte die Feuchtigkeit deutlich unter 80 % relative Feuchtigkeit liegen. Zu empfehlen sind maximal 60 % relative Feuchtigkeit und zwar dauerhaft.
Bei einer Raumlufttemperatur von 20°C sollte die relative Luftfeuchtigkeit max. 50 % betragen. Im Winter, wenn die Außenluft aufgrund der geringen Temperaturen nur geringe Wassermengen enthält sind im Innenraum relative Feuchten zwischen 30 % – 40 % üblich. Auch wenn bei dieser Luftfeuchtigkeit bereits Probleme mit trockener Haut auftreten können sollte auf eine Luftbefeuchtung verzichtet werden.
Achten Sie auch auf die Feuchtigkeit innerhalb und hinter Schränken oder Küchenzeilen vor Außenwänden sowie in geringer temperierten Räumen (wie z.B. in Abstellkammern und Schlafzimmern). Zur Kontrolle der Luftfeuchtigkeit sind im Handel günstige Digital-Hygrometer erhältlich, moderne Geräte können bei hoher Feuchtigkeit auch eine Nachricht an das Handy senden.
Bitte beachten Sie, dass nicht nur ein Gerät im Raum oder im Regal aufgestellt wird, sondern auch zusätzlich an den kritischen Stellen von kalten Bauteilen (z.B. Außenwände, Fensternischen)

7. Technische Lösungen

Lüftungsanlagen (dezentral oder zentral) transportieren feuchte Luft direkt ins Freie und verhindern, dass feuchte Luft in andere Räume gelangt. Solche Anlagen reduzieren das Risiko der Schimmelbildung wesentlich. Diese Anlagen sollten mit einem Feuchtesensor gesteuert sein.

8. Zusätzliche Heizquellen

Wenn Wohnräume zusätzlich beheizt werden sollen, empfiehlt es sich, dies nach Möglichkeit mit Kaminöfen oder Kachelöfen zu tun. Hierbei wird Strahlungswärme freigesetzt, Bauteile werden stärker erwärmt als durch eine Konvektionsheizung. Kontaktieren Sie einen Heizungsfachmann oder den zuständigen Schornsteinfeger, um die Machbarkeit dieser Heizungsart zu prüfen.
Für eine lokale Beheizung ist der Einsatz von Infrarotwärmeplatten möglich, diese erzeugen ebenfalls eine Strahlungswärme und müssen nicht an einem festen Platz installiert werden.
Keinesfalls sind für eine zusätzliche Beheizung Gasheizer zu benutzen. Beim Verbrennen von Gas wird nicht nur Kohlendioxid freigesetzt, sondern auch sehr viel Wasser. Dies erhöht die Schimmelgefahr erheblich.

9. Nicht alles verstanden?

Die Zusammenhänge zwischen relativer Feuchte, absoluter Feuchte, Temperatur und Schimmelwachstum sind nicht einfach zu verstehen, vor allem wenn man so viel wie möglich Energie sparen und dennoch Schimmel verhindern möchte. Die BSS Erklärvideos und der BSS Langzeittest für Hygrometer geben Ihnen weitere Hilfestellung.

10. Experten einschalten

Zu guter Letzt: Es ist nicht sinnvoll Heizkosten zu sparen, aber stattdessen einen Schimmelbefall zu verursachen und im Anschluss eine Schimmelsanierung bezahlen zu müssen. Ist trotz allen Bemühens aufgrund zu geringer Raumtemperaturen Schimmel gewachsen, handelt es sich meist um kleinere Oberflächenschäden. Diese können durch die Bewohner selbst entfernt werden, wenn die Schäden kleiner als ca 0,5 Quadratmeter sind. Siehe Schimmelleitfaden des Umweltbundesamtes Seite 113 und 126. Bei großflächigen Schäden sollte eine Fachfirma hinzugezogen werden, die Ursachen prüft und die Sanierung plant. Der Schimmel sollte fachlich einwandfrei, aber dennoch wirtschaftlich beseitigt werden. In der BSS Expertenliste finden Sie Spezialisten aus Ihrer Region, die eine entsprechende Fachkunde beim BSS nachgewiesen haben. Unseren Experten begleiten Sie im Schadensfall von der Ursachensuche bis zur vollständigen Sanierung.