Der Bundesverband Schimmelpilzsanierung (BSS e.V.) beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem Thema Luftreinigung in Innenräumen und seit Mitte 2020 schwerpunktmäßig mit dem Thema Innenraumluft und Corona. Um eigene Überlegungen und Schlussfolgerungen zu diskutieren und auf den Prüfstand zu stellen, veranstaltete der BSS im Juli 2021 mit Mitgliedern und Experten aus dem Bereich Filtertechnik und Luftreinigertechnik einen Workshop in Coburg. Die Ergebnisse des Workshops bestätigen einige bisherige, aus der Erfahrung gewonnene Annahmen, und bringen in Bezug auf die notwendige Filtertechnik und der Gerätebewertung wertvolle neue Erkenntnisse.
Die Entstehung aktueller Empfehlungen
Seit Anfang 2020 gibt es eine Flut an Empfehlungen von Virologen und Epidemiologen zu Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Corona. Einige haben sich als Chefberater der Regierung etabliert. Auf Basis ihres wissenschaftlichen Knowhows, aber auch abgeleitet von spekulativen Prognosen gaben sie eindringliche Ratschläge, welche die Bundesregierung aufgriff. Die Folge waren rechtlich verbindliche Vorschriften. Diese Vorschriften bedeuteten massive Einschnitte in das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben. Offenbar nicht um Rat gefragt wurden die Aerosolforscher. Spätestens zu dem Zeitpunkt, als sich die die Virologen einig waren, dass die Infektion über Aerosole verbreitet wird, wäre es an der Zeit gewesen Wissenschaftler zu fragen, die sich mit dem Verhalten von Aerosolen auskennen. Da einige Maßnahmen zur Verminderung der Ausbreitung der Corona-Viren aus Sicht der Aerosolexperten eher sinnlos waren, dagegen aber andere Maßnahmen nur am Rande diskutiert wurden, sahen sie sich in der Pflicht einen offenen Brief an die Regierung zu schreiben, um endlich Gehör zu ihren Forschungsergebnissen zu finden.
Die Kernaussage der Aerosol-Forscher: Die Gefahr lauert Drinnen.
Eine Kernaussage der Aerosol-Fachleute ist, dass eine Maskenpflicht im Freien sowie nächtliche Ausgangssperren nur Symbolpolitik darstellen, aber andere Maßnahmen hilfreich wären. So heißt es in dem offenen Brief: „Wenn wir die Pandemie in den Griff bekommen wollen, müssen wir die Menschen sensibilisieren, dass DRINNEN die Gefahr lauert“. Hierzu muss man wissen, dass SARS-CoV-2-Erreger fast ausnahmslos in Innenräumen übertragen werden, während die Übertragung Im Freien als extrem seltene Ausnahme im Promillebereich liegt. Die Erkenntnisse unserer Forschungsarbeit werden nicht in praktisches Handeln übersetzt, kritisieren die führenden Aerosolforscher. Sie fordern ein Überdenken der Maßnahmen im Außenbereich, aber auch, dass in Wohnungen, Büros, Klassenräumen, Wohnanlagen und Betreuungseinrichtungen andere bzw. zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden. Häufig nicht berücksichtigt wird, dass in Innenräumen auch dann eine Ansteckung stattfinden kann, wenn man sich nicht unmittelbar mit einer infektiösen Person trifft, sondern wenn dieser sich vorher in einem Raum aufgehalten hat. Aerosole sinken eben nicht wie Pollen oder Schwebstaub relativ schnell zu Boden, sondern bleiben dann, wenn kein Luftaustausch im Raum erfolgt, viele Tage schwebend in der Raumluft. Eine Empfehlung der Aerosolforscher lautetet daher, Raumluftreiniger und Filter überall dort zu installieren, wo Menschen sich länger in geschlossenen Räumen aufhalten müssen – etwa in Pflegeheimen, Büros und Schulen.
Neue Erkenntnisse zu Filtertechnik und Gerätebewertung von Luftreinigern
- Die vom Umweltbundesamt als wichtigste Maßnahme geforderte Fensterlüftung garantiert nicht den erforderlichen Luftaustausch zu jeder Zeit, in jedem Raum an jeder Stelle. Zur Reduzierung einer CO2-Belastung ist die Fensterlüftung die wirkungsvollste Maßnahme, aber nicht unbedingt zur Reduzierung der Viren an jeder Stelle im Raum.
- Welcher Luftwechsel bei Fensterlüftung stattfindet, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Von großem Einfluss ist die Luftdruckdifferenz innen – außen. Ist es außen windstill und sind die Temperaturen innen und außen vergleichbar, dann ist der Luftaustausch gering. Bei Wind und großen Temperaturunterschieden innen-außen findet ein massiver Luftwechsel statt.
- Geeignete Luftreiniger reinigen die Raumluft kontinuierlich. Sind die wichtigsten Parameter Wirkungsgrad und Luftdurchsatz, sowie Lärmentwicklung auf den Raum abgestimmt, kann man die Raumluftbelastung und das Infektionsrisiko erheblich reduzieren.
- Teure Filter H14 sind unnötig. H13 Filter sind mehr als ausreichend, selbst E12 Filter sind sehr wirkungsvoll. Die Empfehlung H14 Filter einzusetzen, basiert erkennbar auf aufwendigen Werbeaktionen einzelner Hersteller und wurde ungeprüft von vielen Stellen übernommen. Bei genauer Prüfung ist die Aussage, dass es H14 Filter sein müssen, nicht haltbar. Geräte mit H14 Filter sind teuer, die Filter sind teuer. Aber wegen der höheren Filterdichte muss das Gerät bei gleichem Luftdurchsatz höhere Ventilatorleistung erbringen, wodurch die Stromkosten und die Lärmbelastung ansteigen. Die Luftverbesserung in Räumen ist bei einer optimierten Kombination von Filterleistung und Luftdurchsatz am effektivsten.
- Der geforderte Luftwechsel von 6 ist für sensible medizinische Räume sinnvoll, muss aber in Schulen und anderen Innenräumen nicht erreicht werden. Bereits die 2- bis 3-malige Reinigung der Raumluft mittels geeigneter Luftreiniger reduziert das Infektionsrisiko in hohem Maße.
- Bei der Auswahl der Raumluftreinigern kommt es nicht so sehr darauf an, dass diese geprüfte Filter enthalten, sondern dass der gesamte Luftreiniger eine hohe und auch langfristig verlässliche Filtration von Aerosolen bietet. Der Begriff HEPA ist nicht geschützt und es gibt Hersteller, die die eigenen Filter als HEPA-Filter bezeichnen, die den Effizienz-Anforderungen aber in der Realität nicht entsprechen.
- Die Filterleistung ist vom Luftdurchsatz abhängig. Manche Hersteller versprechen H13 oder sogar H14, was aber nur bei der geringsten Leistungsstufe stimmt.
- Manche Filter bringen aufgrund statischer Aufladung der Filter im Neuzustand hohe Wirkungsgrade. Jedoch nimmt die statische Aufladung mehr oder weniger schnell ab und auch der Wirkungsgrad nimmt dann deutlich ab.
Schlussfolgerungen für die Platzierung von Luftreinigern in Schulen
Die beim BSS Workshop im Juli 2021 anwesenden Fachleute waren sich einig, dass in Schulen neuralgische Stellen die sind, an denen sich regelmäßig viele Personen treffen, insbesondere wenn sie von verschiedenen Orten zusammenkommen. Dies sind in Schulen nicht nur Unterrichtszimmer, sondern auch die Sekretariate und die Lehrerzimmer. Wenn es in einer Klasse einen Hotspot wegen eines infektiösen Schülers/einer infektiösen Schülerin gibt, sollte das Virus durch die Lehrkräfte nicht in andere Räume übertragen werden. Man sollte einzelne Klassenräume nicht mit Luftreinigern überbeladen, sondern die beste Lösung für jeden Raum einzeln betrachtet auswählen. Der Effekt der Fensterlüftung muss ins Gesamtkonzept einfliessen. Deshalb kann es reichen, wenn in gut belüftbaren Räumen evtl. nur ein, max. zwei wirkungsvolle Luftreiniger platziert werden, die auch die Anforderungen an geringe Lärmbelastung und optimierte Filterwirkung/Luftdurchsatzleistung erfüllen. Man bekommt entsprechend geeignete Geräte nicht für wenige hundert Euro, aber es ist auch nicht nötig pro Klassenzimmer mit ca. 150 m3 Luftvolumen, mehr als 2000 € zu investieren, siehe hierzu beispielsweise das Ergebnis des Luftreinigertests der Hochschule Coburg.
Informationen zum Luftreinigertest an der Hochschule Coburg
Die Hochschule Coburg prüfte im Auftrag des BSS Herstellerangaben – Wann dienen Luftreiniger der Hygienevorsorge? Die Ergebnisse des Luftreingertes geben Auskunft über den Anlass, die Zielsetzung, die Durchführung der Prüfungen, liefert eine Herstellerliste mit den Angaben zu akustischen Messungen, Leistungsaufnahme, Volumenstrom, Wirkungsgrad, sowie eine Tabelle mit der Zusammenfassung der Testergebnisse.