BSS – Bundesverband Schimmelpilzsanierung e.V.

Schimmelkonvent Hochwasser

Auf dem Schimmelkonvent am 29. November 2023 im Gustav-Stresemann-Institut in Bonn informierte der BSS über wichtige Maßnahmen und die Vermeidung von Fehlern bei der Sanierung einer vom Hochwasser geschädigten Bausubstanz. Mit dem Konvent, mit Merkblättern sowie dem Aufbau eines Netzwerks verfolgt der Verband eine langfristige Strategie, um Anwohner, Kommunen und Verwaltungen sowie Sanierer und Sachverständige auf künftige Hochwasserkatastrophen und Starkregenereignisse vorzubereiten. Basierend auf den Erfahrungen des BSS Hochwasser-Teams an Ahr und Erft, erhielten die Teilnehmer eine realistische Darstellung der Anforderungen, die eine Hochwasserkatastrophe an alle Beteiligten stellt. Durch das Programm führte Dr. Charlotte Herrnstadt.

Keynote zum Klima von Sven Plöger

Zur Einführung in das Thema Hochwasser sprach Diplom-Meteorologe und Wettermoderator Sven Plöger über das Klima. Seine Botschaft war unmissverständlich. Die Menschheit ist dabei, das Klimaziel einer Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad klar zu verfehlen. Bislang sei es der Weltgemeinschaft nur gelungen, die Zunahme an Emissionen zu reduzieren. Das sei zuwenig, so Plöger. Ein Blick auf den Anstieg der Meeresoberflächentemperatur verheißt nichts Gutes. Durch die großflächige Erwärmung der Weltmeere steckt immer mehr Energie auf der Erde, die sich immer häufiger und kräftiger entlädt. Das Hochwasser 2021 an Ahr und Erft wird mit Blick in die Zukunft kein 100jährliches Ereignis sein, so der Wetterexperte. Starkregenereignisse mit großer zerstörerischer Kraft werden häufiger auftreten. Warum das offensichtliche und wissenschaftlich Belegte auf eine extrem träge reagierende Weltgemeinschaft trifft, erklärt Sven Plöger mit der evolutionären Prägung der Menschen. Der Klimawandel findet nicht auf unserer persönlichen Zeitskala statt. Irgendwann, irgendwo könnte irgendwem etwas passieren. Das ist einem Großteil der Menschheit zu unkonkret, um zu handeln. Ein Umdenken fände zwar statt, aber es sei zu langsam, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Die Fragestellung seines Vortrags Hitze, Dürre, Starkregen – sind wir noch zu retten? beantwortet er mit einem Ja, aber. Wir müssen uns beeilen und endlich an den Stellschrauben drehen, die uns zur Verfügung stehen, so der Appell des Meteorologen.

Referenten und Vortragsthemen

Nach dem globalen Blick auf das Klima, erhielten die Teilnehmer des Schimmelkonvents eine fachliche Analyse der Erfahrungen aus der Hochwasserkatastrophe 2021 mit Tipps zum Umgang mit derartigen Situationen. Von der Erstbegehung bis zur Abnahme, von unerwarteten Problemen und Sonderlösungen berichteten das BSS Hochwasserteam sowie ein betroffener Anwohner aus dem Ahrtal. Auch Vertreter der Kommunen und Versicherungen informierten über Maßnahmen, die als Konsequenz aus der Katastrophe an Ahr und Erft gezogen wurden, um in der Zukunft besser vorbereitet zu sein. Den Expertenberichten vorangestellt wurde die Schilderung von Axel Heinzkill, der die Flutkatastrophe im Ahrtal miterlebte und die wechselvollen Phasen des Wiederaufbaus seines Elternhauses begleitete.

Das Hochwasser im Ort Dernau

Als das Hochwasser in das Haus seiner Eltern eindrang, war seine Mutter ganz klar. Die Fotoalben sollten mit, alles andere war egal. Axel Heinzkill schildert zwei Jahre nach der Flut sehr eindrücklich die Gefühlslagen, durch die Menschen gehen, die von jetzt auf gleich ihr Zuhause verlieren. Wie nach der Erleichterung überlebt zu haben, schnell die Hoffnung aufkeimt, in wenigen Monaten in das eigene Haus zurückzukehren. Doch statt Trockenlegung und schnellem Wiedereinzug, war eine sukzessive Entkernung des Eigenheims zu verkraften. Sanierer und Sachverständige sind Helfer in einer Notlage und ganz oft auch Überbringer neuer Hiobsbotschaften. Der Einsatz in einem Katastrophengebiet ist neben der erforderlichen Fachkompetenz auch auf der zwischenmenschlichen Ebene anspruchsvoll. Axel Heinzkill ist rückblickend froh, dem fachlichen Rat des BSS Expertenteams gefolgt zu sein. Die Sanierung im Haus seiner Eltern ist gelungen. Nachbarn waren zwar schneller wieder in ihrem Haus, haben aber weiter mit Geruchsbelästigungen durch Heizölschäden und mit Schimmel aufgrund von Feuchtigkeit zu tun.

Teamarbeit als Schlüssel zum Erfolg

Dem Chaos und der unübersichtlichen Lage in den ersten Tagen und Wochen nach der Flutkatastrophe konnte das BSS Hochwasserteam eine Bündelung ihrer Kompetenzen sowie ein umfangreiches Equipment und einen großen Fuhrpark entgegensetzen. Von besonderen Wert war das gegenseitige Vertrauen und das Wissen darüber, dass jeder im Team die gleichen Qualitätsstandards hat.

Dr. Wolfgang Lorenz erreichte der erste Hilferuf aus dem Ahrtal nur wenige Tage nach dem Unwetter. Schnell wurde ihm klar, dass man bei einer Zerstörung diesen Ausmaßes nur als Team agieren konnteund er begann damit Mitglieder des BSS für einen gemeinschaftlichen Einsatz anzusprechen. Stefan Betz, Vorstandsvorsitzender des BSS, benennt in seinem Vortrag die grundsätzlichen Probleme, die am Anfang des Hilfeinsatzes an der Ahr standen. Anders als bei einem normalen Auftrag, musste sich das Team Gedanken machen über Wasser, Strom, Toiletten, Verpflegung und Unterkünfte. Wie sichert man die eigenen Gerätschaften und Materialien vor Ort und wie kann man in dem herrschenden Chaos, strukturiert und koodiniert arbeiten?

Florian Schwan und Helmut Gansohr, Sanierer und BSS-Mitglieder machten sich 2021 mit Mitarbeitern und viel Equipment aus dem Allgäu auf den Weg an die Ahr
Pia Haun, die Diplom-Ingenieurin ist Sachverständige für das Holz- und Bautenschutzgewerbe

Florian Schwan und Helmut Gansohr berichteten von ihren Erfahrungen als Sanierer und den besonderen Herausforderungen. Denn nicht nur die Rahmenbedingungen waren extrem, sondern auch die Schäden. Florian Schwan geht insbesondere auf die technische Trocknung unter schwierigsten Bedingungen ein.  Von der Erstbegehung bis zur Abnahme wurden unerwartete Probleme und kreative Lösungen geschildert. Pia Haun, Sachverständige und ebenfalls BSS-Mitglied macht auf den Umgang von Häusern in Holzbauweise aufmerksam. Bei Hochwassereinwirkung werden Baustoffe wie Dämmung in Wänden und Decken, Beplankungen der Wände sowie Treppen, Türen und Fußleisten in der Regel durch Quellen irreversibel geschädigt. Es muss schnell gehandelt werden, um das Wachstum von Schimmelpilzen und Holz zerstörenden Pilzen zu verhindern.

Sichtweisen von Politik und Versicherung

Auch Städte und Kommunen sowie Versicherer haben die Zeit seit der Flutkatastrophe 2021 genutzt. Bernd Hingkeldey von der HUK-Coburg schildert, wie seine Versicherung interne Strukturen aufgebaut hat, um eine schnellere Schadensregulierung durchführen zu können, wenn viele Haushalte gleichzeitig in existentielle Notlage geraten. Über 1.000 Mitarbeiter erhielten eine Zusatzschulung. Die HUK-Coburg, wie auch andere Versicherer haben zudem einen Hilfsfond für Hauseigentümer eingerichtet, bei denen in einer Katastrophensituation keine Elementarversicherung greift. Zudem enthalten Neuverträge nun immer eine Elementarversicherung. Wer diese nicht wünscht, muss es explizit ausschließen. Derzeit sind in Deutschland ungefähr 50 Prozent der Hauseigentümer gegen Elementarschäden versichert. Dr. Peter Queitsch vom Städte- und Gemeindebund NRW stellte eine Vielzahl an Maßnahmen vor, mit denen sich Städte effektiv gegen Schäden durch Hochwsser wappnen wollen. Darunter fallen die Entsiegelung von öffentlichen Flächen, das Ausfindig machen von Wassersenken im Stadtgebiet, Einbau von zusätzlichen Straßeneinläufen, Bau weiterer Ableitungsgräben und die Vergrößerung des öffentlichen Kanalnetzes. Auch Hauseigentümer können effektiv nachrüsten. Hier nannte Queitsch den Einbau einer Rückstausicherung, damit Abwasser nicht aus dem öffentlichen Kanal in das Haus zurücklaufen kann.

Dr. Peter Queitsch vom Städte- und Gemeindebund über Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden durch Starkregen
Bernd Hingkeldey von der HUK-Coburg über Maßnahmen der Versicherung nach dem Hochwasserereignis an Ahr und Erft

Begleitende Fachausstellung

 
 

Gleich zu Beginn der Veranstaltung sowie in den Pausen zwischen den Vorträgen hatten die Teilnehmer Gelegenheit, sich über Produkte zur Schadensprävention und zur wirtschaftlichen Sanierung von Schimmelschäden zu informieren. Die Fachaussteller in Bonn waren: Asup GmbH, Avalon Karin E. Götz Gebäudedienstleistungen, BiolytiQs Labor für biologische Analysen, deconta GmbH, Domatec GmbH, ENERSOR GmbH, KWM Karl Weisshaar GmbH, Polygon Deutschland GmbH, Schnabel Elektrotechnik, Umweltmykologie GmbH, Labor Urbanus GmbH

Merkblätter Hochwasser

Der Bundesverband Schimmelpilzsanierung hat bereits zwei Merkblätter zum Thema Hochwasser herausgegeben. In einem ersten Merkblatt wurden 10 Tipps zur Einleitung von Sofortmaßnahmen zusammengestellt. Wenn das Wasser weitestgehend entfernt wurde und die Räume leer sind, sind Sanierungsarbeiten in und an der Bausubstanz erforderlich, um weitere Folgeschäden zu minimieren. Mit dem zweiten Merkblatt macht der BSS mit 10 Tipps auf die wichtigsten Sanierungsschritte und Vermeidung von Fehlern bei der Schadensbeseitigung aufmerksam.

Der BSS Schimmelkonvent ist eine Tagesveranstaltung mit begleitender Fachausstellung organisiert vom Bundesverband Schimmelpilzsanierung. 2022 tagte der Konvent in Coburg zum Thema Heizen in der Krise und Prävention von Schimmelschäden bei niedrigeren Raumtemperaturen. 2023 stand in Bonn das Thema Hochwasser und die Vermeidung von Fehlern bei der Sanierung einer vom Hochwasser geschädigten Bausubstanz im Mittelpunkt der Tagung.

Mehr Infos unter schimmelkonvent.de